DaF in China
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10. Februar 2009
Leseverstehen
Frank Ristow
Für die Lektüre eines Textes mag eine Vorentlastung der Lerner sinnvoll oder sogar notwendig sein. Diese Vorentlastung kann entweder inhaltlich, sprachlich oder eine Kombination von beidem sein.
Die inhaltliche Vorentlastung kann bestehen aus
- Fragen zum Thema des Textes,
- Formulierung von Fragen an den zu bearbeitenden Text,
- Zusatzinformationen, die ihrerseits wiederum über verschiedene Kanäle präsentiert werden können.
Die sprachliche Vorentlastung kann bestehen aus
- der Präsentation oder der Übung von Wortschatz und Redemitteln über verschiedene Kanäle,
- dem Lernen und Üben von grammatischen Strukturen, besonders im Anfängerunterricht.
Eine Kombination aus inhaltlicher und sprachlicher Vorentlastung können Techniken wie Brainstorming und Mindmapping (zum Thema) darstellen.
Für die Arbeit mit Texten gibt es viele unterschiedliche Formen und Ansätze, die man in der Theorie fundiert begründen kann. Allerdings sehe ich bei der Anwendung dieser Ansätze in der Praxis den Nachteil, dass sie zu viel Zeit kosten. Man stelle sich einen Studenten vor, der in der Woche vielleicht zehn oder mehr Seminare besucht und zu jeder dieser Veranstaltung eine ganze Lektüreliste abarbeiten muss. Häufig wird dann ein Text auf dem Weg zur Uni gelesen oder eben noch mal in der Cafeteria. Hier stellt sich die Frage, wie arbeiten wohl die meisten Studenten mit solchen Texten? Meiner Erfahrung nach tun sie folgendes:
- Sie unterstreichen die ihrer Meinung nach wichtigen Textstellen.
- Sie schreiben Stichwörter oder Begriff an den Rand, die inhaltlicher oder strukturierender Art sind.
- Sie schreiben Gedanken oder Fragen an den Rand.
- Möglicherweise verweisen sie am Rand auf andere Texte oder Informationen.
Für das Verwenden z.B. der SQ3R-Technik a la Robinson (Eine Beschreibung gibt es hier) bleibt dann in der Regel keine Zeit. Das heißt nicht, dass solche Methoden keine Berechtigung haben.
So empfehle ich also für den Unterricht im wesentlichen folgende Bearbeitungsstrategien beim Umgang mit Texten:
Unterstreichungen und Stichwörter am Rand
Die Studenten sollen die wichtigsten Stellen unterstreichen und Stichwörter am Rand machen. Hier wird man feststellen, dass es Textstellen gibt,
- bei denen es sich um zentrale Aussagen handelt, diese müssen unterstrichen werden,
- bei denen man darüber diskutieren kann sie zu unterstreichen,
- die man je nach zugrunde liegender Fragestellung unterstreichen muss,
- wo man die Wahl bei der Unterstreichung äquivalenter Textstellen hat,
- die schlichtweg in der Hierarchie der Wichtigkeit ganz unten stehen und daher nicht unterstrichen werden dürfen.
Ob die unterstrichenen Textstellen gut gewählt sind, kann man daran erkennen, dass man den zugrunde liegenden Text gut rekonstruieren kann, wenn man diese herausschreibt oder alles nicht Unterstrichene im Text durchstreicht.
Ähnlich kann man mit den Stichwörtern am Rand verfahren. Man schreibe sie auf einen Extrazettel und versuche, den Inhalt des Textes nur mit Hilfe dieser Stichwörter wiederzugeben.
Die Fähigkeit zu erkennen, was an einem Text wichtig ist, das ist für viele chinesische Studenten keine Selbstverständlichkeit. Mit den beiden oben beschrieben Gegenproben können sie in der Regel selber erkennen, wie gut ihre Unterstreichungen bzw. Stichwörter sind.
Fragen, Fragen, Fragen
Die Fähigkeit zu fragen ist eine elementare Fähigkeit beim kritischen Umgang mit Texten. Eine Arbeitsanweisung kann also lauten: "Findet so viele Fragen wie möglich zum vorliegenden Text!". Viele chinesische Studenten tun sich mit dem Finden von Fragen schwer und es muss mehrfach geübt werden. Die gefundenen Fragen können dazu dienen, in Gruppen oder im Plenum darüber zu sprechen. So werden einzelne Aspekte des Textes vertieft, das Gesamtverständnis insgesamt wird größer und die Studenten lernen auch zu problematisieren. Im Extremfall kann die Aufgabe dann lauten, die aufgeworfenen Fragen jeweils differenziert zu beantworten und entsprechende Informationen zu sammeln. Die Auseinandersetzung mit einem Text kann dann auch über mehrere Wochen gehen.
Mindmap zum Text
Ein sehr gutes Mittel einen Text inhaltlich und strukturell zu erfassen und dann mündlich wiederzugeben ist das Erstellen von Mindmaps zum Text. Das kann entweder im Plenum oder in Gruppenarbeit geschehen.
Textarbeit als Voraussetzung
Die Arbeit mit Texten bildet oft eine Voraussetzung für die schriftliche und / oder mündliche Kommunikation.
Folgenden schriftlichen Textsorten liegen Lesetexte zugrunde:
- Inhaltsangabe und strukturierte Textwiedergabe
- Exzerpt und Konspekt
- Texterörterung
- Wissenschaftliche Arbeit (In der Regel bilden viele gelesenen Texte die Basis für wissenschaftliche Arbeiten.)
In der mündlichen Kommunikation sind unter anderem folgende Kommunikationsformen möglich, die Lesetexte als Grundlage haben:
- Der Text wird in unterschiedlichen Kontexten mündliche wiedergebeben.
- Einer Nachricht z.B. im Radio oder im Fernsehen können Informationen aus einem Text zugrunde liegen.
- Aus einem Lesetext wird ein Interview z.B. mit einem Betroffenen oder Experten.
- Ein oder mehrere Texte bilden die Grundlage für eine Diskussion.
Mehr Informationen über Lesetechniken und Lesestrategien findet man im entsprechenden Kapitel auf dieser Webseite.
Lesetexte mal mehr mal weniger didaktisiert finden sich Kapitel Lesetexte.
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